Feinde
und Superkräfte - II
Welche
besonderen KI-Eigenschaften habt ihr für die Hoodlums ersonnen? Yann
In der Tat haben wir uns zu Anfang die Zähne ausgebissen, bei dem Versuch sehr
komplexe Konzepte für die künstliche Intelligenz der Gegner zu entwerfen. Schließlich
haben wir uns jedoch auf ein einfaches Prinzip geeinigt: Anstatt viel Zeit mit
der Entwicklung der „künstlichen Intelligenz“ zu vergeuden, haben wir beschlossen,
ganz besonders darauf zu achten, keine „künstliche Dummheit“ zu erschaffen.
Und wirklich, wenn der Spieler auch nur einmal auf einen Feind trifft, der in
der gleichen dummen, bzw. unverständlichen Weise handelt, wird er die künstliche
Intelligenz für schlecht befinden (auch wenn sie es eigentlich nicht ist) und
3 Jahre unserer Arbeit brechen in sich zusammen. ? In erster Linie haben wir
also versucht, Figuren zu entwerfen, die einfach zu benutzen und deren Fehler
leicht zu korrigieren sind, auf die Gefahr hin, interessante Funktionen erst einmal
beiseite zu lassen. Vor diesem Hintergrund war es nicht mehr unser Ziel, die
Gegner intelligent erscheinen zu lassen, weil sie intelligent sind, sondern vielmehr,
weil sie von den Level-Designern auf intelligente Weise eingesetzt werden.
Benjamin Beispielsweise ist ein Feind, der zwischen zwei Positionen
hin und herspringt, nicht sonderlich intelligent. Aber wenn eben derselbe Gegenr
sich in einem Erdloch niederkauert und anschließend hinter eine Kiste springt,
um Raymans Schlägen auszuweichen, hat der Spieler den Eindruck, einem gefährlichen
Gegner gegenüberzustehen, obwohl die künstliche Intelligenz der Figur eigentlich
dieselbe ist.
Yann Anstatt künstliche Intelligenz im eigentlichen
Sinne zu schaffen, habe ich die Hälfte der Zeit mit der Dokumentation der Figuren
verbracht, um den Level-Designern zu erklären, was die Feinde alles tun sollen.
Ich habe Beispiel-Level entworfen und versucht, die Nutzbarkeit der Gegner maximal
zu vereinfachen.
Und wie habt ihr anschließend
die Ereignisse in die Skripts übertragen?
Yann Technisch
gesprochen verfügt jeder Feind über ein eigenständiges, auf einem einfachen Prinzip
basierendes Verhalten. Sobald der Gegner in der Umgebung platziert ist, kann er
beispielsweise Rayman erfassen, ihn beschießen, seinen Fäusten ausweichen und
sich in eine günstigere Position begeben. Dieses Verhalten ist vollkommen ausreichend,
um dem Spieler eine anspruchsvolle Herausforderung zu bieten. Darüber hinaus
kann jeder Feind Befehle erhalten, welche die Kontrolle über sein ansonsten autonomes
Verhalten übernehmen. Zum Beispiel kann man ihm befehlen, sich an eine bestimmte
Stelle zu begeben oder diese oder jene Animation abzuspielen. Auf diese Weise
können die Level-Designer mithilfe des Skripts die einzelnen Szenen viel stärker
beeinflussen und so den Eindruck des intelligenten Gegners verstärken. Beispielsweise
kann ein Gegner, der Rayman entdeckt hat, Verstärkung holen und sich mit einem
Heißluftballon in Sicherheit bringen. Schließlich konnten wir Spielsituationen
schaffen, in denen der Spieler Feinden gegenübersteht, deren Handlungen ihm sehr
überlegt erscheinen. Beispielsweise kämpft Rayman im Land der Verlorenen Seelen
gegen eine Bande von Hoodlums. Zwei Musketiere befinden sich am Boden und ein
dritter verbirgt sich auf dem Gipfel eines Felsens, wo er schwer zu erreichen
ist. In dem Moment in dem der Spieler glaubt, alle Gegner erledigt zu haben, kommt
Verstärkung im Heißluftballon. Wenn der Spieler flieht, nehmen einige der
Hoodlums sogar die Verfolgung auf. Wenn der Spieler alle Gegner erledigt hat,
erhält er eine Super-Kraft, mit der er die Ballons erreichen kann. Allerdings
erscheint jetzt ein Hoodlifter, der wahllos auf die Ballons schießt, um Rayman
am Fortkommen zu hindern. Der Spieler muss also erst einmal den Kampf mit dem
Hoodlifter bestehen, bevor er weiterkommt. Wir haben also hier eine Kampfsituation,
mit überraschenden Wendungen und besonderen Reaktionen der Gegner, die den Spieler
immer wieder dazu zwingen, sich der jeweiligen Situation anzupassen. |